23.11.2018
Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland entsendet, diesem die für die Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten hat (Urteil vom 17.10.2018, Az. 5 AZR 553/17).
Der Hintergrund
Vergütung von Reisezeiten beschäftigen das Bundesarbeitsgericht des Öfteren. So hat dieses im April dieses Jahres erst entschieden, dass die Fahrten eines Monteurs zum Kunden und zurück als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen sind (Urteil vom 25.04.2018 – 5 AZR 424/17), und zwar unabhängig davon, ob Fahrtantritt und Fahrtende im Betrieb oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen.
Nun hatte das Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer die Reisezeit für einen Hin- und Rückflug nach China als Arbeitszeit erstattet bekommt. Im vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber vorübergehend ins Ausland entsandt worden. Es hätte dabei einen kurzen Direktflug gegeben. Auf Wunsch des Arbeitnehmers wurde aber ein Flug in der Business Class mit Zwischenstopp in Dubai gebucht. Die Arbeitgeberin zahlte dem Arbeitnehmer für jeden Reisetag für jeweils 8 Stunden die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung. Er begehrte jedoch für weitere 37 Stunden eine zusätzliche Vergütung.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass der Arbeitgeber die für die Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten zu vergüten hat. Denn wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer ins Ausland entsende, erfolgten die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers. Dabei ist jedoch zu betonen, dass das BAG lediglich die Reisezeit als erforderlich angesehen hat, die bei einem Flug in der Economy Class anfällt. Die Mehrstunden, welche durch den Zwischenstopp entstanden sind, wurden daher nicht berücksichtigt.
Auswirkungen auf Ihre Praxis der Abrechnung von Reisezeiten – Praxistipp
Arbeitgeber müssen ihren Arbeitnehmern bei einer Auslandsentsendung künftig die gesamte erforderliche Reisezeit vergüten. Zu prüfen sein wird jedoch im Einzelfall, welche Reisezeiten tatsächlich erforderlich waren. Des Weiteren liegt die Entscheidung des BAG bisher nicht mit den Urteilsgründen vor. Es ist jedoch zu erwarten, dass das BAG seine Entscheidung auf § 612 BGB gestützt hat. Dies bedeutet, dass in Fällen, in denen es eine ausdrückliche, anderweitige Regelung gibt, zu prüfen ist, ob diese der Anwendung des § 612 BGB vorgeht.
Zu beachten ist weiterhin, dass – wie bisher auch – Reisezeit eventuell als vergütungspflichtige Zeit anzusehen ist, nicht jedoch unbedingt auch als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Insofern fallen die Arbeitszeitbegriffe im Vergütungsrecht und im Arbeitszeitrecht weiter auseinander. Bei der Berechnung der höchst zulässigen Arbeitszeit i.S.d. Arbeitszeitgesetzes können Reisezeiten weiterhin unberücksichtigt bleiben, sofern der Arbeitnehmer tatsächlich keiner dienstlichen Tätigkeit nachgegangen ist.