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BSG zum Vertrauensschutz bei Betriebsprüfungen und Anforderungen an deren Inhalt sowie Abschluss

03.07.2020

  1. Die Entscheidung

Mit Urteil vom 19.09.2019 (Az. B 12 R 25/18 R) hat das Bundessozialgericht (BSG) gleich mehrere Fragen geklärt und somit ein Stück mehr an Rechtssicherheit rund um das Thema Betriebsprüfung geschaffen.

Nach dem Urteil besteht zwar im Hinblick auf den sozialversicherungsrechtlichen Status von Gesellschafter-Geschäftsführern von Familiengesellschaften kein Vertrauensschutz hinsichtlich der früheren „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung des BSG. Allerdings fordert das BSG einen Abschluss der Betriebsprüfung – auch bei Beanstandungsfreiheit – durch einen Verwaltungsakt der Rentenversicherungsträger sowie die (zwingende) Prüfung von bestimmten Tätigkeitsverhältnissen, wodurch dahingehend Rechts- und „Beitragssicherheit“ herbeigeführt wird.

  1. Hintergrund

Gegenstand des Verfahrens war der sozialversicherungsrechtliche Status von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH und damit die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt. Die Antwort hat insbesondere Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht.

Nach älterer Rechtsprechung des BSG habe eine selbständige Tätigkeit etwa vorliegen können, wenn ein Geschäftsführer aufgrund seiner Stellung in der Familie die Geschäfte der Gesellschaft wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken geführt und die Ordnung des Betriebes geprägt habe, er „Kopf und Seele“ des Unternehmens gewesen sei oder er – wirtschaftlich gesehen – seine Tätigkeit nicht wie für ein fremdes, sondern wie für ein eigenes Unternehmen ausgeübt habe.

Das BSG hat mit der vorliegenden Entscheidung klargestellt, dass diese frühere Rechtsprechung keinen Vertrauensschutz im Rahmen einer Betriebsprüfung vermittelt.

Darüber hinaus hat das BSG entschieden, dass Rentenversicherungsträger – auch beanstandungsfreie – Betriebsprüfungen mit einem Verwaltungsakt abschließen müssen.

Zudem muss sich die Betriebsprüfung zwingend auf die im Betrieb tätigen Ehegatten, Lebenspartner, Abkömmlinge des Arbeitgebers sowie geschäftsführende GmbH-Gesellschafter erstrecken, sofern deren sozialversicherungsrechtlicher Status nicht bereits durch Verwaltungsakt festgestellt ist.

  1. Praxistipp

Das Urteil des BSG nimmt und gibt Vertrauensschutz zugleich: Zum einen steht damit fest, dass die ehemalige „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung keinen Vertrauensschutz im Rahmen einer Betriebsprüfung vermittelt; zum anderen darf ein Arbeitgeber jedoch auf einen Verwaltungsakt vertrauen, den die Rentenversicherungsträger – auch nach beanstandungsfreier – Betriebsprüfung erlassen, sodass bzgl. dieser (geprüften) Tätigkeitsverhältnisse Rechtssicherheit besteht. Zu beachten ist allerdings, dass dies nach dem BSG in Form eines Verwaltungsakts zu erfolgen hat, der bestimmt genug sein muss. Zudem stellt das BSG heraus, dass sich die Betriebsprüfung zwingend auf bestimmte Tätigkeitsverhältnisse erstrecken muss, die in der Praxis oftmals Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht sind.

Felix Müller

Rechtsanwalt

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