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Die Corona-Arbeitsschutzverordnung und die Mitbestimmung des Betriebsrats

28.01.2021

Seit dem 27. Januar 2021 gelten die neuen Bestimmungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung („Corona-ArbSchV“), die das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus bei der Arbeit minimieren sollen.

Zur Zielerreichung regelt die Verordnung u.a. die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Beschäftigten, die ihre Tätigkeit gewöhnlich im Büro verrichten, anzubieten, diese im Homeoffice auszuführen. Dabei ist der von § 2 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) definierte Anwendungsbereich im Blick zu behalten, wonach beispielsweise auch Beamte als geschützte Beschäftigte durch das ArbSchG anzusehen sind; Gleiches muss für die Corona-ArbSchV gelten, die auf § 18 Abs. 3 ArbSchG zurückzuführen ist.

Es stellt sich hierbei nun die Frage, ob der Betriebsrat bei Umsetzung dieser Verpflichtung ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat.

Das Bundesarbeitsgericht hat bereits 2004 entschieden, dass dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Gefährdungsbeurteilung zusteht, weil das Arbeitsschutzgesetz nur einen Rahmen vorgibt, der durch die Betriebsparteien auszufüllen ist.

Dies zeigt, dass das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG das Vorliegen ausfüllungsbedürftiger Rahmenvorschriften des Arbeitsschutzes voraussetzt.

Die Corona-ArbSchV gibt nun in § 2 Abs. 1 vor, dass der Arbeitgeber hinsichtlich zusätzlicher erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes die Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen und zu aktualisieren habe.

Bezüglich der dem Arbeitgeber auferlegten Verpflichtung, den Arbeitnehmern wo möglich anzubieten, ihre Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, ist der Wortlaut der Verordnung eindeutig und lässt dem Arbeitgeber keinen weiteren Gestaltungsspielraum zur Zielerreichung. Daher dürfte an dieser Stelle kein Raum für die betriebliche Mitbestimmung sein, auch wenn noch keine Rechtsprechung dazu vorliegt. Das gleiche dürfte für die erforderliche Raumgröße und den Maskentypus gelten.

An dieser Stelle sei auf ein des LAG Köln (Beschl. v. 22.01.2021 – Az. 9 TaBV 58/20) hingewiesen, von welchem bisher nur die Pressemitteilung vorliegt. Das Landesarbeitsgericht bejahte ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei der Ausgestaltung eines Besucherkonzepts für ein Krankenhaus.

Dabei stützte das Gericht seine Entscheidung auf § 5 Abs. 1 der (allgemeinen) Coronaschutzverordnung NRW, welcher ein Besucherkonzept für Krankenhäuser für zulässig erklärt, das den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zum Hygiene- und Infektionsschutz folgt.

Da bei der Umsetzung dieser Empfehlungen ein Gestaltungsspielraum bestehe, werde dadurch das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG eröffnet.

Alles in allem lässt sich Arbeitgebern als Leitlinie mit auf den Weg geben, dass der Betriebsrat im Bereich Arbeitsschutz immer dort zu beteiligen ist, wo den Betriebsparteien ein Gestaltungsspielraum verbleibt.

Im Bereich der Corona-ArbSchV dürfte dies nur sehr eingeschränkt der Fall sein, da diese die Voraussetzungen und Pflichten relativ konkret vorgibt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die betriebliche Praxis hierzu entwickelt. Gerade im Angesicht der Pandemie geling es derzeit in vielen Betrieben, gemeinsam und zügig vernünftige Konzepte zu erstellen.

Ob und in welchem Umfang diese Wertungen zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG auf das jeweilige Personalvertretungsrecht in Bund und Ländern übertragen werden können, ist eine weitere Frage. Die arbeits- und verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung fielen zumindest in der Vergangenheit an dieser Stelle auseinander: Anders als die Arbeitsgerichte betrachtete etwa das BVerwG Gefährdungsbeurteilungen nicht als Gegenstand der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 (Bundes-)PersVG (s. Beschl. v. 14.10.2002 – Az. 6 P 7/01).

Als Ansprechpartner stehen Ihnen gerne Dr. Elena Heimann und Dr. Sebastian Klaus zur Verfügung.

Dr. Elena Heimann

Rechtsanwältin

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Dr. Sebastian Klaus

Rechtsanwalt

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