07.11.2024
Der Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung richtet sich grundsätzlich nach § 7 Absatz 1 SGB IV. Hiernach ist eine „Beschäftigung“ die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sein muss. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Die Feststellung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, kann auf Antrag des Auftragnehmers oder Auftraggebers auf ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV, aufgrund Prüfung der Einzugsstellen (§ 28h Abs. 2 SGB IV) oder aufgrund einer Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV) erfolgen.
Nachdem die Deutsche Rentenversicherung (DRV) in den vergangenen Jahren vermehrt Einzelunternehmer, die hauptsächlich für einen Auftraggeber tätig wurden, als abhängig beschäftigt qualifizierte, erwuchs hieraus ein Vorgehen in die Richtung, dass nicht der Selbstständige als Einzelperson Vertragspartner wurde, sondern eine von ihm gegründete „Ein-Mann-GmbH“. Grundgedanke hierzu war, dass Arbeitnehmer (§ 611a BGB) bzw. Beschäftigter (§ 7 SGB IV) nur eine natürliche Person sein kann. Juristische Personen als Auftragnehmer hingegen können nicht abhängig beschäftigt sein. Demnach schien ein solches Vorgehen zunächst als eine legale Möglichkeit, um eine Feststellung als abhängig Beschäftigter so abzuwenden.
Da dadurch die Gesellschaft Auftragnehmerin wurde und der Geschäftsführer für diese die Tätigkeit ausführte, schien das Risiko von „Schein“-Selbstständigkeit gegenüber dem Vertragspartner damit gebannt. Allerdings haben DRV und Sozialgerichte diesem Vorgehen weitestgehend in einer Urteilsserie vom 20.07.2023 (B 12 BA 1/23 R, B 12 R 15/21 R, B 12 BA 4/22 R) eine Absage erteilt. Dies gilt sowohl für das Konzept einer GmbH als Auftragnehmerin als auch für das beliebte Modell der UG (haftungsbeschränkt).
Nach den Feststellungen des BSG ist es unbeachtlich, ob die GmbH oder UG neben ihren vertraglichen Beziehungen zum Auftraggeber weitere Geschäftstätigkeiten wahrnimmt und der Geschäftsführer der Gesellschaft gegebenenfalls weitere Tätigkeiten für diese als Selbstständiger erbringt. Denn die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit schließe eine daneben im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses wahrgenommene Tätigkeit nicht aus.
Für eine abhängige Beschäftigung spricht in derartigen Konstellationen insbesondere, wenn der Geschäftsführer Alleingesellschafter ist und die Gesellschaft auch keine weiteren, sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt (sog. Ein-Mann- oder Ein-Personen-Gesellschaft). Außerdem gelten im Übrigen die weiteren Kriterien zur sog. „Scheinselbstständgkeit“, wie bspw. der Einsatz von eigenem Kapital oder der Weisungsabhängigkeit.
Weitere Aufmerksamkeit bedurfte es in den genannten Entscheidungen der Frage, ob kein Fall der (unerlaubten) Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, wenn die Ein-Personen-Gesellschaft ihren Geschäftsführer bei einem Dritten einsetzt, mit der Folge, dass dadurch die Vorschriften des AÜG zur Anwendung kommen. In diesen Fällen fingiert § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer. Dies hat das BSG aber in Bezug auf Sozialversicherungsfragen bei dem Geschäftsführer der Ein-Personen-Gesellschaften klar verneint, da der geschäftsführende Gesellschafter gerade kein Arbeitnehmer aus arbeitsrechtlicher Sicht ist (B 12 BA 4/22 R).
Auch die Tätigkeit „unter dem Deckmantel“ einer GmbH oder UG schützt nicht vor der Feststellung einer abhängigen Beschäftigung bei dem Auftraggeber. Aufgrund zahlreicher höchstrichterlicher Entscheidungen hierzu, kann auch nicht von gutem Glauben der Beteiligten ausgegangen werden, weswegen künftig zumindest grobe Fahrlässigkeit anzunehmen sein wird, wenn Unternehmen mit Ein-Personen-Gesellschaften Vereinbarungen schließen. Das hat zur Folge, dass neben den nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträgen auch erhebliche Säumniszuschläge auf die zu erstattenden Beiträge entstehen können. Das Vorenthalten von Arbeitsentgelt stellt außerdem einen Straftatbestand nach § 266a StGB dar.
Allein unter Hinzunahme mehrerer Gesellschafter oder der Anstellung sozialversicherungspflichtiger Mitarbeiter, kann unter Umständen das Risiko der Einordnung als abhängige Beschäftigung beim Auftraggeber verringern. Auch die echte Arbeitnehmerüberlassung mit entsprechend vorliegender Erlaubnis, könnte je nach Einzelfall als Alternative herangezogen werden.