Blog

Nichtigkeit zu weit gefasster Ausschlussklauseln im Arbeitsvertrag

27.07.2021

  1. Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 26.11.2020 (Aktenzeichen 8 AZR 58/20) entschieden, dass eine Ausschlussklausel, nach der ausnahmslos alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen bestimmter Fristen geltend gemacht und eingeklagt werden, nichtig ist. Auch der Arbeitgeber kann sich auf die Nichtigkeit einer solcher Klausel berufen.

  1. Hintergrund

Die Klägerin und Widerbeklagte war als kaufmännische Angestellte bei der Beklagten beschäftigt. Ihr wurde von der Beklagten vorgeworfen, zahlreiche eigene Verbindlichkeiten unrechtmäßig durch Überweisung von Firmenkonten beglichen zu haben und kündigte u.a. aus diesem Grund das mit ihr bestehende Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin reichte daraufhin Kündigungsschutzklage ein. Erst im Kündigungsschutzprozess machte die Beklagte sodann widerklagend Schadensersatzansprüche i.H.v. ca. 100.000 EUR aus eigenem und abgetretenem Recht gegen die Klägerin geltend. Die Klägerin versuchte sich u.a. mit dem Argument zu verteidigen, dass die Schadensersatzansprüche der Beklagten nach § 13 des Arbeitsvertrages bereits verfallen seien, der wie folgt lautet:

㤠13 Verfallsfristen
Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Fall der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat einzuklagen.“

Das Arbeitsgericht bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung und verurteilte die Klägerin zur Begleichung der Schadensersatzansprüche. Das Landesarbeitsgericht hat die auf Abweisung der Widerklage gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin weiterhin die Abweisung der Widerklage.

Das BAG hob das Urteil des LAG im Hinblick auf einzelne streitige Schadenspositionen insgesamt auf, verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück und erteilte u.a. folgende Hinweise:

Die Ausschlussklausel erfasse die abgetretenen Ansprüche schon von vornherein nicht, da sie keine Ansprüche sind, die ihren Ursprung im Arbeitsverhältnis der Parteien haben.

Im Hinblick auf eigene Ansprüche erfasse die streitgegenständliche Ausschlussklausel entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BAG auch Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung. Dies führe dazu, dass die Klausel nach § 134 BGB nichtig sei mit der Konsequenz des vollständigen Fortfalls der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen.

Der Verwender einer solchen Klausel (der Arbeitgeber) müsse sich diese im Falle der Nichtigkeit nicht nach dem sog. „Grundsatz der personalen Teilunwirksamkeit“ von AGB gegen sich gelten lassen.

  1. Praxistipp

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG wurden Ansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung nicht von pauschalen Ausschlussklauseln erfasst, da es sich um außergewöhnliche, von den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss nicht für regelungsbedürftig gehaltene Fälle handele. Die Klauseln waren daher wirksam, auch wenn der Ausschluss solcher Ansprüche nicht ausdrücklich enthalten war.

Diese Rechtsprechung wurde vom BAG nunmehr aufgegeben. Derartige Ansprüche müssen, will man die Unwirksamkeit der Klausel vermeiden, ausdrücklich von der Klausel ausgenommen werden.

Aus Arbeitgebersicht erfreulich ist zumindest, dass sich nicht nur der Arbeitnehmer, sondern auch der Arbeitgeber auf die Unwirksamkeit (Nichtigkeit) berufen kann.

Der Arbeitgeber hatte im vorliegenden Fall das „Glück“, dass die Ausschlussklausel so schlecht formuliert war, dass sie sogar nichtig war. Nur aus diesem Grund hatten sich die übrigen Wirksamkeitsmängel (z.B. zu kurze Fristen, Forderung nach schriftlicher Geltendmachung) nicht mehr ausgewirkt. Denn in einem solchen Fall gilt wohl weiterhin der Grundsatz der personalen Teilunwirksamkeit von AGB. Das bedeutet, dass die unwirksame Klausel ausschließlich zu Lasten des Arbeitgebers als Verwender gilt.

Gut beratene Arbeitgeber hatten in ihren Ausschlussklauseln schon bisher die o.g. Schadensersatzansprüche ausgenommen. Das Urteil zeigt einmal mehr, dass die sorgfältige Formulierung und zudem regelmäßige Überprüfung des Arbeitsvertrages sowie der darin enthaltenen Ausschlussklauseln dringend zu empfehlen ist.