26.11.2020
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 27. Mai 2020 (5 AZR 247/19) entschieden, dass ein Anspruch auf Entgelt(fort)zahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen nicht besteht, wenn ein gekündigter Arbeitnehmer im Laufe eines Kündigungsschutzprozesses nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches beschäftigt wird und die Kündigung sich nachträglich als wirksam erweist.
Der Arbeitgeber hatte einen Kündigungsschutzprozess in erster Instanz verloren. Der Arbeitnehmer hatte auch den üblichen, allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch erfolgreich eingeklagt und dessen Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts angedroht. Um Vollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden, erklärte sich der Arbeitgeber bereit, den Arbeitnehmer entsprechend weiterzubeschäftigen.
Ein halbes Jahr später schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund der ursprünglichen Kündigung (d.h. bereits vor dem Zeitraum der Weiterbeschäftigung) geendet hatte.
Während der zwischenzeitlichen Weiterbeschäftigung fiel der Arbeitnehmer mehrfach krankheitsbedingt aus. Der Arbeitgeber vergütete zwar die vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden, nicht aber die infolge von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und an gesetzlichen Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit. Diese Vergütung (ca. 1,5 Monatsgehälter) klagte der Arbeitnehmer unter Abzug erhaltenen Krankengeldes erfolglos ein.
Anders als noch das Arbeitsgericht, verneinten sowohl das Landesarbeitsgericht als auch das Bundesarbeitsgericht einen entsprechenden Vergütungsanspruch. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Weiterbeschäftigung kein Arbeitnehmer iSd. Entgeltfortzahlungsgesetzes gewesen. Die reine Prozessbeschäftigung begründe kein neues Arbeitsverhältnis.
Der Arbeitgeber habe erkennbar nur der Rechtspflicht aus dem erstinstanzlichen Urteil nachkommen und keine weitergehenden rechtsgeschäftlichen Verpflichtungen begründen wollen. Die Erfüllung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs erfordere nur die tatsächliche Beschäftigung, nicht den Abschluss eines Arbeitsvertrages.
Dem Arbeitgeber bietet sich in Kündigungsschutzverfahren aufgrund dieser überzeugend begründeten Entscheidung des BAG die Möglichkeit, nur die im Rahmen einer Prozessbeschäftigung tatsächlich geleistete Arbeit vergüten zu müssen.
Die bisweilen anzutreffende Unart, im laufenden Kündigungsschutzverfahren vollmundig eine Weiterbeschäftigung einzufordern, dann aber „ganz plötzlich“ (meist bereits ab dem ersten Tag) krankheitsbedingt auszufallen, nur um Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber zu erhalten und prozesstaktischen Druck auszuüben, wird hiermit deutlich erschwert.
Die Formulierung von entsprechenden Weiterbeschäftigungsangeboten an den Arbeitnehmer zur Abwehr der Zwangsvollstreckung sollte sorgfältig erfolgen, um nicht doch die Annahme einer rechtsgeschäftlichen Einigung zu riskieren.