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Kurzarbeit Null kürzt den Urlaubsanspruch

16.03.2021

  1. Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 12.03.2021 (Aktenzeichen 6 Sa 824/20) entschieden, dass Arbeitnehmer in Zeiten der „Kurzarbeit Null“ keine Urlaubsansprüche erwerben.

  1. Hintergrund

Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Unternehmen der Systemgastronomie, als Verkaufshilfe in einer Drei-Tage-Woche beschäftigt. Als teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin hatte sie einen Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen.

Infolge der Corona-Pandemie galt für die Klägerin u.a. in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 wiederholt Kurzarbeit Null. Die Arbeitgeberin kürzte daraufhin den Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2020 auf nur noch 11,5 Tage.

Die Klägerin war der Ansicht, die angeordnete Kurzarbeit beeinflusse ihren Urlaubsanspruch nicht und verlangte daher weitere 2,5 Urlaubstage. Die Anordnung erfolge nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers, sondern liege im Interesse des Arbeitgebers. Zudem sei Kurzarbeit keine Freizeit, da ein Arbeitnehmer während der Kurzarbeit Meldepflichten unterliege und sich darüber hinaus zur Wiederaufnahme der Arbeit bereithalten müsse.

Das sahen sowohl das Arbeitsgericht Essen (1.Instanz) als nun auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf anders. Aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 habe die Klägerin in diesem Zeitraum keine Urlaubsansprüche erworben. Der Jahresurlaub 2020 stehe ihr deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null war der Urlaub um 1/12 zu kürzen, was sogar eine Kürzung um 3,5 Arbeitstage ergebe.

Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezwecke, sich zu erholen, setze dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben seien, seien Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu behandeln, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen sei. Dies entspreche auch dem Europäischen Recht, weil nach der Rechtsprechung des EuGH während der Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entstehe.

  1. Praxistipp

Der Entscheidung ist vollumfänglich zuzustimmen. Gerade das Argument, dass Kurzarbeiter urlaubsrechtlich wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu behandeln seien, deckt sich mit der wohl überwiegenden Auffassung der arbeitsrechtlichen Literatur und überzeugt.

Konsequenterweise ist dieser Grundsatz auch auf Zeiten anzuwenden, in denen die Arbeitszeit nicht vollständig (Kurzarbeit Null) reduziert ist, sondern nur anteilig. Sofern sich aufgrund der Kurzarbeit die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage reduziert, vermindert sich der Urlaubsanspruch jeweils im entsprechenden Umfang. Fallen pro Woche z.B. 2 Tage Kurzarbeit an und wird daher nur noch 3 statt wie bisher 5 Tage gearbeitet, verringert sich der Urlaubsanspruch für diesen Zeitraum um 2/5. Arbeits- und tarifvertragliche Urlaubsansprüche sind dabei im Regelfall genauso zu behandeln/kürzen wie gesetzliche Urlaubsansprüche.

Das LAG Düsseldorf hat erfreulicherweise die Revision zugelassen, so dass eine grundlegende Entscheidung des zuständigen 9. Senats des BAG für den gerade in der Pandemiezeit äußerst praxisrelevanten Fall der Kurzarbeit und deren Auswirkungen auf den Urlaubsanspruch möglich wird.